Wir schreiben gemeinsam ein Buch

  • Hier schreiben wir zusammen ein gemeinsames literarisches Werk.

    Barbara Marten - 22.09.2019 @ 16:47

    Verblasst

    Kapitel 1

    Samantha Zotz, Bg/Brg Kufstein /Austria

    Ich öffnete die Haustür und ein kalter Luftschwall kam mir entgegen. Die Kälte schien mir die Luft aus der Lunge zu pressen. Schnell zog ich den Schal enger um meinen Hals. Dann trat ich hinaus auf die Straße. Menschen liefen hektisch und mit hochgezogenen Schultern an mir vorbei. Über die Stadt hatte sich eine schwere Nebeldecke gelegt. Seufzend machte ich mich auf den Weg. Aus den Geschäften, Cafés und Wohnungen fiel warmes Licht auf den halbdunklen Gehweg.

    Der Bahnhof war nicht weit entfernt, weswegen ich ihn auch nach 5 Minuten erreicht hatte. Das Gebäude war schmutzig und heruntergekommen. Auch wenn ich diesen Ort in und auswendig kannte, schaute ich mich heute genauer um. Heute war es voller als sonst. Freitags kamen die Männer zurück, die unter der Woche weg waren, um zu arbeiten. Hier gab es nicht genügend Jobs für alle Menschen. Die Stadt wuchs zu rasch. Außerdem waren die Leute wählerischer geworden. Mittlerweile ging es nicht mehr darum, dass man arbeitete, es ging darum was man macht. Am besten irgendein Manager einer großen Firma. Denn dann konnte der Mann, wenn seine Frau die Freunde zum Essen eingeladen hatte, für welches sie den ganzen Tag in der Küche gestanden hatte, erzählen wie wichtig und unentbehrlich er bei seiner Arbeit sei. Doch all diese Anzugsträger blendete ich aus.

    Es hatte nicht lange gedauert bis ich ihn entdecke. Der Junge stand an die Wand gelehnt und hatte die Augen geschlossen. Doch ich wusste, dass er alles andere als schläfrig war…

    Foto by Samantha Zotz

    Das ist Kapitel 2 unseres Buches.

    Gabriela Maćkowiak - 21.03.2019 @ 22:29

    Ich bewegte mich in seine Richtung. Als ich ihm nahe war, stand er auf und begann zu laufen. Ich versuchte ihm nachzulaufen. Zunächst liefen wir den Bahnsteig entlang, aber plötzlich sprang er von der Plattform ab und begann über die Schienen zu laufen. „Das ist nicht das erste Mal, als er mir floh und ich ihm nicht nachging.“ - dachte ich.

    Traurig kehrte ich ins Hauptgebäude zurück und begann meine langweilige Arbeit an der Zugweiche. Meine Schicht dauert 12 Stunden, aber oft scheint es eine Ewigkeit zu sein, besonders an den Tagen, an denen wenige Züge vorbeifahren und ich gar nichts zu tun habe. Heute war gerade so ein Tag.

    8 trübe Stunden gingen ohne Überraschungen vorbei. Da hatte ich den Eindruck, dass der dichte Nebel in meinen kleinen Raum einbrach und begann mich umzugeben. Vor mir stand Alice, meine gröβte Liebe, wie immer schön und reizend. Ich schwebte auf der Wolke sieben. In diesem Moment fuhr ein Zug vorbei. Ich wachte sofort auf. Der Nebel verschwand, und durch den Kopf ging mir nur ein einziger Gedanke: „Ist er in die gute Richtung gefahren?“ Erschrocken überprüfte ich nervös meinen Zugfahrplan. Nach der Weile atmete ich schon ruhiger. Auch diesmal habe ich nicht versagt. Ich war mit mir zufrieden und fühlte mich glücklich. Wie wichtig und unentbehrlich bin ich bei meiner Arbeit. Wichtiger als alle Manager in irgendwelcher Korporation. Mein Glück verschwand doch, sobald die Erinnerungen an die alten Zeiten und meine Zukunftspläne zurückkamen. Meine Verlobte – Alice verließ mich für einen reichen Mann. „Geld regiert die Welt“ - traurig, aber wahr. Ich schaute auf die Uhr. Noch 3 Stunden vor mir. Ich setzte mich bequem in den Sessel und dachte über mein Leben nach. Ich lebe von Tag zu Tag, wohne in einer kleinen Dachgeschosswohnung über einer Bar, woher das Geschrei der betrunkenen Menschen zu mir jeden Abend kam. Ich habe keine Perspektiven, bin 30 - jähriger Mann ohne Ehefrau und ohne Kinder. Alice war meine einzige Liebe. Nach der Trennung mit Alice traf ich mich mit einigen anderen Frauen, aber vergebens, erfolglos...

    18.13 - Ich wechsle die Frequenzweiche. Ein anderer Zug fährt vorbei.

    Hat mein Leben einen Sinn? Werde ich eines Tages wirklich glücklich? Ich dachte an diesen Jungen. Was würde geschehen, wenn ich hinter ihm rennen würde? Ich habe nichts zu verlieren. Morgen springe ich hinter dem Jungen von der Plattform nach und folge ihm. Dort könnte auf mich etwas Besseres warten. Entschieden! Mit solchen Gedanken verließ ich meine Lenkungsstelle. Nach der Arbeit kam ich wie immer direkt nach Hause und ging schlafen, von eigener Idee begeistert und auf Morgen gespannt…

    Das ist das 3. Kapitel zu unserem Buch.

    Sophia Bosnak - 25.06.2019 @ 15:46

    Verblasst

    Kapitel 3

    Sophia Bosnak, Chiara Bergsiek – HPS Buxtehude, Germany

    Am nächsten Morgen wachte ich auf und meine Gedanken kreisten sofort wieder um diesen Jungen. Er hatte irgendetwas Mysteriöses an sich. Ich zog mich an, duschte und frühstückte, doch er ging mir einfach nicht aus dem Kopf und aus irgendeinem Grund hoffte ich, dass er heute wieder dort stehen würde. Auf meinem Weg zur Arbeit, durch die nasskalten, verregneten Straßen kam ich an der Stelle vorbei, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte. Doch er war nicht dort, sondern eine seltsam gekleidete Frau. Sie fiel mir sofort auf, denn sie hatte einen riesigen Hut auf und hielt eine Vase in der Hand. Aus der Vase tropfte Blut und ihre Hände zitterten. Als sie mich sah, kam sie langsam auf mich zu. Ich hielt den Atem an und wusste nicht, was ich tun sollte. Sollte ich wegrennen?! Sie blieb einen Meter vor mir stehen und sagte monoton: “Ich tat es aus Rache, doch ich würde es immer wieder tun.“ Damit verschwand sie im dichten Nebel. Ich wollte ihr hinterherlaufen, doch ich war wie erstarrt. Was meinte sie mit Rache? Oder wen?

    Währenddessen fuhren Züge ein und aus und holten mich in die Realität zurück. Ich fragte mich, ob ich diese Begegnung wohl geträumt hatte. Ich ging weiter zur Arbeit. Die Gedanken an den Jungen waren wie verblasst. Ich widmete mich meiner Arbeit. Schon wieder eine 12-Stunden Schicht, doch auch die ging vorbei und ich freute mich, nach Hause zu kommen.

    Ich trat durch die Haustür meines abseits gelegenen Stadtrandhäuschens, aber etwas ließ mich innehalten. Irgendetwas war anders. Ich legte meinen Schlüssel auf die Kommode und fing an, langsam durch mein Haus zu gehen. Ich hielt die Luft an, als ich das Wohnzimmer betrat. Auf meinem Couchtisch stand die blutende Vase. Ich fuhr erschrocken herum, als ich meine Haustür zuknallen hörte. Ich rannte hin, doch es war zu spät und meine Schlüssel waren weg. Jedoch war das nicht das schlimmste, denn ich hörte den markerschütternden Schrei einer Frau. Ich lief hinaus, um nachzusehen und rannte dabei fast in die Frau mit dem großen Hut und den Jungen vom Bahnhof. Doch was wollten die beiden von mir und was hatte diese merkwürdige Vase zu bedeuten?

    Hier ist unsere Fortsetzung der Geschichte "Verblasst": das Kapitel 4.

    Tamás Koósa - 11.11.2019 @ 21:27

     

     Verblasst: Kapitel 4

    by Aisa Palkovics, Gréta Juhász, Tamás Koósa, DNG Budapest/Hungary

    Ich trat näher und sie sprachen mich an. Sie erzählten mir, dass sie Mutter und Sohn sind, sie lebten vor 100 Jahren und beide seien schon tot. Der Junge hatte damals die Gewohnheit, dass er gern auf den Schienen spielte, aber an einem schicksalhaften Tag verhakte er sich am Gleis. Er konnte nicht vor dem Zug flüchten und er wurde vom Zug überfahren. Als seine Mutter die Todesnachricht ihres einzigen Sohnes bekam, beging sie Selbstmord. Sie schnitt ihre Adern auf und das Blut fing sie in einer Vase auf, damit sie keine Unordnung mache. Sie hatte eine morbide Reinheitssucht. Sie bitten mich jetzt um Hilfe, weil sie nicht ins Jenseits kommen können. Sie hatten keine echte Beerdigung, ihre Leichen wurden an zwei verschiedenen Orten nur verscharrt, und sie haben auch kein Grab. Ihre Seele kann nicht ruhen und sie werden hier herumgeistern, bis ihre Körper gefunden werden und sie eine echte Beerdigung bekommen.

    Plötzlich hörte ich aus dem Nichts eine Hupe und meine mysteriösen Gesprächspartner verschwanden im dichten Nebel. Ich realisierte, was jetzt passierte: Ich sprach mit zwei fremden und geisterhaften Menschen, die schon gestorben waren. Dann kam ich darauf, dass ich wahrscheinlich ein Medium bin, und mein Leben wird von da an nicht so einfach, langweilig und ereignislos sein. Ich ging erschrocken nach Hause. Ich brauchte einige Zeit bis ich es wirklich erfassen konnte, was das eigentlich bedeutet. Früher dachte ich nie darüber nach, ob Geister in der Wirklichkeit existieren und es solche Menschen gibt, die sie sehen können. Ich setzte mich auf das Sofa und fing an herauszufinden, was ich jetzt tun sollte. Ich kannte schon ihre Geschichte und den Fakt, dass sie Hilfe brauchen. Sie können diese Hilfe nur von mir bekommen. Ich bin der Auserwählte, ich bin ihr Erretter. Plötzlich hatte mein Leben einen Sinn, und plötzlich konnte ich damit nichts tun. Was soll ich jetzt eigentlich machen? Wie kann ich ihre Leichen finden? Wo soll ich sie suchen? Das kann ich allein nicht schaffen. Ich war gezwungen, bis morgen zu warten. Morgen soll ich wieder mit ihnen sprechen. Sicherlich werden sie mich noch finden. Außerdem nahmen sie meinen Schlüssel weg. Es war schwer mit solchen Gedanken schlafen zu gehen, aber es war spät, ich sollte mindestens einige Stunden schlafen, um ihnen morgen helfen zu können.

    Tags darauf wachte ich früh auf, die Gedanken um die Geister und meine Fähigkeiten als Medium konnte ich nicht loswerden. Merkwürdiger Nebel schwebte durch mein Zimmer, das Gezwitscher der verschiedenen Vogelarten war an jenem Morgen nicht zu hören. Unterwegs zur Arbeit überlegte ich mir, wie ich die Frau und den kleinen Jungen aus dem transzendenten Unbekannten rufen könnte. An diesem Tag hatte ich dieselben Aufgaben, arbeitete wie üblich, trotzdem war alles anders und ungewohnt. Neben den Schienen musste ein Bestandteil des Bahnsteiges repariert werden, was ich gleich erledigen wollte. Am Bahnhof hielten sich wenige Reisende auf, gab es eine besonders große Stille und ließ mich ein die Sinnesorgane verwirrendes Gefühl spüren. Ich trat in den Lattenverschlag, nahm meine Werkzeuge, und drehte mich um, um die Kabuse zu verlassen. Die in der Tür stehenden Geister erlaubten das aber nicht. Ich wusste, was ich machen sollte: ihnen folgen, bis wir eine zu den Leichen führende Spur finden.

     

    Liebe Schriftsteller,

    zuerst würde ich euch dazu gratulieren, dass ihr den Text fortsetzen konntet und eine niveauvolle Geschichte schriebt. Wenn man an ein Buch, das die Jugendlichen schrieben, denkt, fällt ihm eher eine Fantasy oder eine lustige Story ein. Aber ihr wiederlegtet meine Behauptung. Nämlich, ich verspürte ständig einen Nervenkitzel und es schien so, als ob die Kapitel von einem Erwachsenen geschrieben worden wären. Nachdem ich die Hausaufgaben und alles erledigt hatte und total erschöpft gewesen war, fing ich mit dem Lesen an, trotzdem hatte ich immer Lust, weiterzulesen. Wer mich wirklich kennt, weiß, dass es bei mir ein großes Kompliment ist. Indem ich mich dem Ende eines Kapitels näherte, wartete ich immer auf eine andere Variante, eure war aber viel spannender. Ich hoffe, dass der Mann am Ende seiner Fahndung was Wesentliches finden wird und alles gut wird. Ich freue mich auf das fünfte Kapitel und bin neugierig darauf, wohin die Spur am Bahnhof führen wird...

    Péter Payer - 19.12.2019 @ 09:31