Abschlussveranstaltung eines ERASMUS-Schulprojektes

  • Today we make tomorrow through yesterday

    Vom Massaker in Marzabotto

    bis zum Aufbau der Europäischen Union“ – Abschlussveranstaltung eines ERASMUS-Schulprojektes 

    Seit gut zwei Jahren arbeiten Schülerinnen und Schüler der Johann-Philipp-Reis-Schule in Friedberg und des Liceo Attilio Bertolucci (Parma/Italien) in einem Projekt zusammen, das den Titel „Today we make tomorrow through yesterday –Vom Massaker in Marzabotto bis zum Aufbau der Europäischen Union“ trägt.

    In einer ersten Phase wurde das Projekt durch die hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Lucia Puttrich, unterstützt und konnte dann durch die Aufnahme in das ERASMUS-Programm der Europäischen Union weitergeführt werden.

    Zum einen erfuhren die Schülerinnen und Schüler im Rahmen ihrer gegenseitigen Besuche vieles über die deutsch-italienische Geschichte von 1943-1945, beginnend mit der Besetzung großer Teile Italiens durch Deutschland ab dem 8.9.1943 und mit vor allem von SS-Einheiten im Jahre 1944 verübten Massakern in Marzabotto / Monte Sole und in Sant’Anna di Stazzema.

    Zum anderen lernten sie Europa auf offiziell politischer und auf persönlicher Ebene im Rahmen der Begegnungen in den Familien und Schulen, sowohl in Parma als auch in Friedberg, kennen. Als besonders wichtig erwies sich dabei die Entscheidung, die Schüler bei den jeweiligen Besuchen in Gastfamilien unterzubringen, weil auf diesem Wege das gegenseitige Kennenlernen am effektivsten gelingt.

    Die Vergangenheit bewusst machen, die Toten nicht vergessen, aber mutig in die Zukunft zu schauen und an der Schaffung einer neuen, friedlichen Welt mitzuwirken – diese zwei Schwerpunkte bildeten den Rahmen für unser italienisch-deutsches Projekt.

    Diese Eindrücke wollten die Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrer im Rahmen zweier Abschlussveranstaltungen vermitteln. Als besonders hilfreich erwies sich die Kooperation mit dem Italienischen Generalkonsulat in Frankfurt, vertreten durch Generalkonsul Maurizio Canfora und dem Zuständigen für Schulangelegenheiten, Mario Berardino.

    In einer ersten Veranstaltung wurden die Projektergebnisse am Vormittag in der Freiherr-vom-Stein-Schule in Frankfurt präsentiert, deren Besuch durch die Zusammenarbeit mit dem Schulleiter Dr. Ausbüttel ermöglicht wurde. Schüler und Lehrer – es waren eigens auch 4 Kollegen aus Parma angereist –sprachen über ihre Erfahrungen und zeigten Fotos der Fahrten, sodass den anwesenden Schüler und Lehrer der Freiherr-vom-Stein-Schule ein lebendiges Bild der Projektaktivitäten vermittelt werden konnte. Höhepunkt war der Bericht einer Zeitzeugin, Frau Liana Novelli-Glaab, die mit den Schülern vor allem über die Erlebnisse ihrer Eltern zur Zeit der Besetzung Italiens durch Nazideutschland sprach.

    Am Nachmittag fand die zentrale Feier auf dem Friedhof Frankfurt-Westhausen statt. Seit 1957 ruhen auf dem „Cimitero di Guerra Italiano“, einem Teilstück des Westhausener Friedhofes, 4.788 italienische Kriegsopfer. Er ist einer von fünf Ehrenfriedhöfen für italienische Kriegsopfer in Deutschland, die in den 50er Jahren entstanden. Viele von den dort beerdigten Menschen starben als sogenannte Militärinternierte.

    Für diese Veranstaltung, an der ca. 50 Gäste, darunter viele Mitglieder der italienischen Gemeinde, teilnahmen, hatte der italienische Generalkonsul Maurizio Canfora die Schirmherrschaft übernommen und richtete ein Grußwort an die Anwesenden. Eigens aus Wiesbaden war derHessische Staatssekretär für Europaangelegenheiten, Herrn Mark Weinmeister, angereist und lobte das Projekt, vor allem den Ansatz, die Kriegsgeschichte beider Völker an dem persönlichen Schicksal des 20-jährigen deutschen Soldaten Otto Zellers, der in Italien sein Leben verlor und des italienischen Partisanen Renato Lori aus Parma, zu entwickeln.

    Nachdem die Schüler und Lehrer ihre Projekterfahrungen geschildert hatten, erläuterte Frau Liana Novelli-Glaab die Rolle der Frauen in der Resistenza. Seinen inhaltlichen Abschluss erfuhr das Projekt durch die Überreichung des Curriculums und der Charta von Monte Sole an die Anwesenden. Dieses Curriculum, ein wesentliches Ergebnis des Projektes, soll allen interessierten Schulen und Lehrern zur Verfügung gestellt werden, die die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Italien im Unterricht thematisieren möchten.

    Anschließend gingen alle Beteiligten zu den Gräbern der italienischen Militärinternierten und legten Blumen nieder, um auf diese Weise der Toten zu gedenken. Die Schüler verlasen die erarbeitete Charta auf Deutsch und Italienisch.

    Somit endete das Projekt an einem Ort, an dem die dunklen Seite der deutsch-italienischen Geschichte brennpunktartig gebündelt ist, an dem aber auch durch die jungen Erwachsenen deutlich wurde, dass ein gemeinsamer Neuanfang in einem gemeinsamen Europa nicht nur eine leere Worthülse darstellt, sondern konkret mit Leben gefüllt wurde.

    Die Schüler legen Blumen am Gedenkort auf dem Friedhof Frankfurt Westhausen nieder

    Übergabe des Curriculums an Generalkonsul Maurizio Canfora und Staatssekretär Mark Weinmeister